Dienstag, 21. April 2009

Die Abstellkammer

Heute mal wieder eine Kurzgeschichte, wie immer auf eigene Gefahr!

Die Abstellkammer

Mit geübter Hand strich Peter den Mörtel auf den Ziegeln glatt. Die Hälfte hatte er nun geschafft, es war Zeit für eine Zigarettenpause.
Werkzeuge und Ziegel waren über den Boden verteilt, und an den Wänden standen stabile Holzregale, die mit Konserven, Einmachgläsern und Wein gefüllt waren. Eine Tiefkühltruhe stand in der Ecke, daneben ein Sack mit Kartoffeln, die ihn ans Abendessen erinnerten.
Bis dahin würde er längst fertig sein, es war erst kurz vor Mittag. Die Arbeit ging schnell vonstatten, er hatte nichts anderes erwartet. Schließlich hatte er das ganze Haus mit eigenen Händen gebaut. Er hatte einfach ein Talent für handwerkliche Dinge, das war allgemein bekannt.
Auch die Nachbarn fragten erst ihn, bevor sie einen Handwerker riefen. Meist konnte er den Schaden selbst beheben, und zum Dank bekam er dann häufig einen Kuchen oder wurde zum Essen eingeladen. Den Kösters am Ende der Straße hatte er sogar geholfen, eine Garage zu bauen. Es hatte sich sogar so etwas wie eine Freundschaft mit ihnen entwickelt, wobei Freundschaft ein großes Wort war. Eigentlich war es mehr eine Bekanntschaft.
Er verstand sich gut mit Michael, und trank manchmal abends ein Bier mit ihm. Auch Andrea war eine recht nette Frau, wenn er auch nicht verstand, was Michael dazu gebracht hatte, sie zu heiraten. Am Aussehen konnte es jedenfalls nicht gelegen haben. Und ihre Kinder waren, nun ja, wie Kinder eben waren.
Wenn er sich beeilte, sollte er in einer Stunde fertig sein. Vielleicht würde er nach dem Essen noch auf ein Bier bei Michael vorbei gehen. Schaden konnte es zumindest nicht. Doch zuerst wartete noch Arbeit auf ihn.
Er nahm den Spachtel wieder in die Hand. Es war erstaunlich. Die neue Wand würde sich in den Raum einfügen, als wäre sie schon immer da gewesen. Man konnte schon jetzt kaum einen Unterschied sehen. So sollte es sein.
Er setzte einen weiteren Stein. Es würde perfekt sein.
Und nächstes Wochenende dann grillen bei Kösters. Aber diesmal etwas ruhiger als beim letzten mal. Peter hatte nichts gegen Kinder. Aber Patrizia, die fünfzehnjährige Tochter der Kösters, war mitten in der Pubertät, und einfach unerträglich. Christoph war erst acht, und nervte ihn häufig, wenn er nachmittags draußen im Garten arbeitete, oder etwas bei den Kösters reparierte. Abends war er allerdings immer müde und dementsprechend ruhig, also sollte der Freitag wirklich entspannt werden.
Vielleicht würde er Steaks marinieren und als Gastgeschenk mitbringen.
Die Wand näherte sich ihrer Fertigstellung. In wenigen Tagen würde niemand mehr erkennen können, wie der Raum vorher ausgesehen hatte. Die Abstellkammer hatte sowieso keinen Sinn gehabt.
Sie hatte ihn einen hässlichen alten Mann genannt. Wie sie mit ihren Eltern redete, war ihm egal, aber er musste sich nicht alles gefallen lassen.
Er fügte den letzten Stein ein.
Sie hatte gesagt, er sei wohl schon seit zwanzig Jahren von keiner Frau mehr angefasst worden. Oder... hatte sie? Auf jeden Fall hatte sie es provoziert!
Jetzt noch das Werkzeug zurück in die Regale, den Mörtel später in die Garage. Dann noch durchfegen, und der Keller würde so aussehen wie vorher.
Es war noch schneller gegangen, als er gedacht hatte.
Er hoffte, die Kösters würden das Grillen am Wochenende nicht absagen. Auf ein Bier würde Michael später sicher noch Lust haben, oder vielleicht eher auf einen Schnaps.
Kinder waren in dem Alter nun einmal so, das sagte er selbst immer. Und damit würde Andreas Sorge überspielt werden. Zumindest fürs erste. Und das reichte ja.



2 Kommentare:

  1. Mag sein. Das Leben ist makaber. Und eine Geschichte über einen Mann, der Geranien in den Garten pflanzt wäre weder unterhaltsam noch würde sie etwas über die Verrücktheit der Menschen in unserer Zeit aussagen. Obwohl... Hm da könnte man bestimmt auch was draus machen... *grübel*

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