Posts mit dem Label Wein werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Wein werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Montag, 22. Februar 2010

das wartende Weinglas

fadenscheinig, trüb das Glas
tiefrot war sein Inhalt einst
arg zerbrechlich steht es da
harrt noch stets des Weins

um das Glas 'rum grauer Staub
täglich wächst die Kruste an
und vergor'nen Saft der Traub
trank hier lang Niemand

Sonnenschein fällt in den Raum
leuchtet durch zerbroch'ne Scheiben
so vergeht ein alter Traum
nur das Glas muss bleiben

bis die Wände müde werden
und die Deckenbalken brechen
dann geht auch das Glas in Scherben
könnt es, es würd' lächeln

Samstag, 23. Januar 2010

samstag abend

JÖRG: Heute noch was vor?
NICO: Weiß nicht, wollte eigentlich dieses Wochenende noch 'nen Ruhigen machen, nächstes steht 'ne Party an. Selbst?
JÖRG: Ich wollt A new hope gucken und 'n Glas Wein trinken. Muss morgen noch wat lernen.
NICO: Jo - warst du in Holland?
JÖRG: Ne ich brauch nicht dies Wochenende, weißt du doch.
NICO: Scheiße. Hast du Haller gesprochen?
JÖRG: No.
NICO: Ach scheiße. Na ich bin dann mal los, bis später.
JÖRG: Hau rein.
Nico zieht seine Jacke an und verlässt in Eile die Wohnung.
JÖRG: Manchmal hab ich das Gefühl, er ist am Wochenende n o c h fertiger als sonst.

Sonntag, 31. Mai 2009

Move

So viel Potential, welches in einem See von Bier und Rotwein versinkt, ertrinkt, auf Bergung wartet. So viele Gedanken, die weder berichtet noch geteilt werden. So viele Ideen, die morgen wieder vergessen sind. So viel, was sich anstaut und die Deiche zum brechen bringen will;
aber nichts passiert.
Bis irgendwann die Explosion kommt.


Also protokoliere ich die brownsche Molekularbewegung.


Montag, 6. April 2009

Eine Kurzgeschichte

Asche zu Asche

Er saß auf dem Sessel und rauchte. Auf dem Tisch lag ein zerlesener Roman. Ein Aschenbecher, der von einigem Nikotinkonsum zeugte, stand neben einer halbleeren Flasche Rotwein und einer Schachtel Zigaretten. „Raucher sterben früher“, verriet sie. Dazu ein Glas, das darauf wartete, erneut mit Wein gefüllt zu werden.
Und ein ungeöffneter Brief.
Nachdem er seine Zigarette im Kippenberg des Aschenbechers beerdigt hatte, füllte er das Glas mit Wein. Das Radio spielte The Smiths, „What difference does it make?“, fragte Morrissey.
Er fragte sich das auch.
Er nahm den Briefumschlag in die Hand, betrachtete ihn, drehte ihn, betastete ihn. Sein Name stand auf der Vorderseite, und seine Adresse. Dazu eine Briefmarke, Blumen als Motiv, Vergissmeinnicht. Auf der Rückseite stand nur ein Name, ihr Name.
Er legte den Umschlag beiseite und nahm eine weiter Zigarette, nahm einen Schluck vom Wein, betrachtete die Bilder an den Wänden. „Und jetzt?“, schienen sie zu fragen. Er schüttelte leicht den Kopf, inhalierte nikotinschwangeren Rauch, atmete ihn aus, verfolgte den Weg des Rauchs in der abgestandenen Luft.
Seit letztem Sommer hatte er nichts von ihr gehört, acht lange Monate, seit sie einfach gegangen war, seit sie mit ihrem Koffer in der Tür gestanden hatte, „Es geht nicht mehr“, hatte sie gesagt. Dann war sie in ein Taxi gestiegen und verschwunden.
Er nahm eine neue Schachtel Zigaretten vom Schrank. Im Radio höhnten die Beatles: „She loves you!“
Er ignorierte sie.
Früher hatten sie häufig gemeinsam bei einem Glas Wein Musik gehört und von der Zukunft geträumt, von Kindern, Heirat, Haus, von Sonntagsausflügen, von Urlaub in Italien, am Meer, oder in den Bergen.
Doch da kam kein Urlaub, kein Haus, keine Kinder. Da kam keine Hochzeit. Was kam, war seine Kündigung. Und später kam ihr Taxi.
Er entkorkte eine weitere Flasche Wein und schenkte sich ein.
Der Brief lag noch immer provozierend vor ihm. Wieso schrieb sie ihm? Nachdem er die Erinnerung so erfolgreich in den burgunden Untiefen ungezählter Rotweinflaschen versenkt hatte, nachdem sie weißglühend verbrannt war wie der Tabak seiner Zigaretten. Nun stieg sie wieder auf wie ein Geist aus der Flasche, erhob sich wie ein Phönix aus der Asche.
Er zog an seiner Zigarette, beobachtete den Schatten des Rauchs bei seinem Tanz auf dem weißen Papier des Umschlags. Dann nahm er den Umschlag in die Hand, hielt das glühende Ende der Zigarette an eine Ecke des Briefes, bettete ihn auf dem Aschenbecher und verfolgte, wie das Papier von der Ecke aus durchglühte.
Noch einige Sekunden behielt der Umschlag seine Form, er konnte noch ihre Schrift lesen, seinen Namen, dunkelgrau auf hellgrau, bevor er zerfiel und eins wurde mit den Resten seiner Zigaretten. Asche zu Asche, so sollte es wohl sein.
Im Radio sang Johnny Cash „Hurt“.