Montag, 13. Dezember 2010

verloren

verguckt, verschlafen, vorbei
verdutzt, verbraten, entzwei
versucht, vertan, verdängelt
verrückt! verdammt. verdrängen.



Samstag, 2. Oktober 2010

Verschwinden

Als ihre Lippen sich nach einer schier endlosen Minute wieder trennten, blickte Vanessa tief in seine Augen und fragte: „Warum hast du damit nur so lange gewartet?“
„Ist das jetzt wirklich noch wichtig?“, entgegnete er, während er eine der blonden Haarsträhnen aus ihrem Gesicht strich. Dann umarmte er sie, um sie erneut zu küssen. In diesem Moment war er sich sicher, dass es im Himmel nicht schöner sein konnte.
„Herr Schneider!“, drang eine ungehalten klingende Stimme in die Tiefen seines Bewusstseins. Max öffnete die Augen. Die meisten seiner Kommilitonen sahen ihn an.
„Mir ist es zwar bewusst, dass meine Stimme eine beruhigende Wirkung haben kann. Trotzdem erwarte ich von ihnen, dass sie im Hörsaal meiner Vorlesung folgen, und das Schlafen zuhause erledigen!“
Max wurde rot. Was gab es schlimmeres, als vor mehr als hundert Mitstudenten vom Professor zurechtgewiesen zu werden.
„Natürlich, Herr Professor. Mein Fehler.“, nuschelte er, während noch ein Lachen durch den Hörsaal wanderte. Am liebsten wäre er im Boden versunken.
Besonders laut war das Lachen der Gruppe schräg vor ihm. Dort saß Vanessa mit ihren Freundinnen. Max vermied es, zu ihnen zu blicken, verstand aber einiges von dem, was sie sagten. Zu viel davon.
„Was für ein Opfer!“, meinte eine von ihnen. Dann – wieder Lachen.
Max' Magen füllte sich plötzlich mit Steinen. Zumindest fühlte es sich so an.
Er wollte nur noch weg, weg von allem. Zurück in seine Wohnung, und sich dann im Bett verkriechen, sich eingraben und am besten nie wieder herauskommen. Die Augen zumachen und lassen.
Weg von der Uni, weg von den Kommilitonen, vor allen Dingen weit weg von Vanessa, der Frau, die er liebte, die ihn in seinen Träumen verfolgte. Für die er gar nicht existierte.
Und wenn er doch gar nicht existierte – vielleicht war Verschwinden dann gar nicht so schwer.


Donnerstag, 30. September 2010

Das wahrhaft Schöne

Das Schönste an den Menschen ist noch das Gesicht
So vieles prägt sich ein in nur zwei Augenblicken
So grandios ein Lächeln, so graziös ein Nicken
Und jede Augenfarbe glänzt bei Kerzenlicht

Das Schönste an 'nem Lächeln ist doch, dass es spricht
So völlig ohne Sprache, ohne ihre Tücken
Nur falsches Lächeln stottert, humpelt wie auf Krücken
Erkennt es in den Augen, denn die lügen nicht

Die Schönheit liegt in allen, schaut doch nur mal hin
Direkt hinter der Maske seht ihr die Person
Und ihre wahre Schönheit leuchtet durch die Augen
Und all dieses Versteckspiel macht doch keinen Sinn
Im falschen Leben bleibt nur Einsamkeit als Lohn
Das wahrhaft Schöne jedoch mag zum Glücke taugen

Mittwoch, 29. September 2010

3 Haiku zum Herbst

Die Kühle der Nacht
verschwindet im Sonnenschein
Altweibersommer


Wolkentürme, grau
Vögel fliegen gen Süden
in warme Zonen


Orangenes Laub
wirbelt durch die Luft der Stadt
fliegt mit den Drachen

Dienstag, 28. September 2010

damit umgehen

Tränen versalzen die Suppe
Tränen befeuchten das Brot
Tränen zerfurchen die Wangen
Tränen erzählen von Not

Weinen nur heimlich alleine
Weinen verhindern mit Macht
Weinen versteckt hinter Masken
Weinen im Bett in der Nacht

Steine gesammelt im Magen
Steine getragen als Last
Steine im Weg und dann stolpern
Steine zerbrechen das Glas

Schlucken die Klöse als Ganzes
Schlucken was immer da nagt
Schlucken und weiter im Ablauf
Schlucken hat man uns gesagt!

Montag, 13. September 2010

Steine im Meer

Es gehen unterwegs wohl die Gefühle verloren
Manche Menschen scheinen zum Verlieren geboren
Gehen unter in der Masse, Steine im Meer
Wenn man gar nicht da ist fällt Verschwinden nicht schwer

Es wird in einer Liste jeder Fehlschlag gezählt
Bleibt auch sonst nichts, sind erst alle Ziele verfehlt
Wenn die Erinnerung an Träume mit der Zeit ganz verblasst
Dann ist Leben keine Freude, dann ist Leben nur Last



Montag, 6. September 2010

Ein paar tierische Reime

Man kann sich nicht immer nur eingraben
Dacht der Maulwurf bevor ihn die Katze dann fraß
Anstatt zu graben
Biss er ins Gras

Der Fuchs, der war immer der Schlauste gewesen
Nun saß er am Bach wie ein Trinker am Tresen
Früher jagte er Hühner voll Mut
Jetzt starb er an Tollwut

Die Raupe war lang noch kein Schmetterling
Wollt saftige Blätter der Krone als Speise
Als sie am obersten Zweig hing
Geriet sie zur Speise der Meise

Ein Lemming der war plötzlich ganz ohne Lust
Lief nicht mit den Andern zusammen zum Fluss 
Und blieb bei seiner Ansicht
Er sprang nicht



Samstag, 4. September 2010

Bestandsaufnahme

Die Tränen die nicht fließen hab ich schon einmal geweint
Die Schmerzen die ich spüre hab ich schon einmal verdrängt
Was immer ich auch fühle hab ich schon einmal verneint
Und heut wurd meine Seele nur ein bißchen mehr versengt

Freitag, 27. August 2010

Statistik

Datasheets, Skizzen
Tabellen, Matrizen
Kurz vor den Wahlen
Erhobene Zahlen

Kurven, Prognosen
Wahrscheinlichkeits-chosen
Gewinn und Verlust
Prüfungsrobust

Häufig missbraucht
Noch öfter gekauft
Höchst masochistisch:
Wir lieben's statistisch!

wenn man die Zeit schon nicht anhalten kann

sie blickte mürrisch drein aus trüben Augen
verbreitete Gerüche wie von Fisch
die Brüste hingen runter auf den Tisch
und wollten nicht mehr zur Ergötzung taugen

er fasste sie schon lange nicht mehr an
besorgte sich die Anregung im Netz
obwohl das nicht den Hautkontakt ersetzt
und folgte mehrmals jährlich seinem Drang

dann gings zur Firmenaußenstelle Prag
er arbeitete dort zwar über Tag
die Nacht jedoch verbrachte er meist draußen

mit jungen Mädchen mit bestimmtem Blick
in kurzen Röcken, billig-buntem Chic
und wollt sich so die Jugend einfach kaufen



PS.: Falls das irgendwem bekannt vorkommt, ja, ich habe das vor fast einem Jahr schonmal in einem anderen Blog veröffentlicht. Da guckt aber fast nie jemand drauf, also dachte ich mir, 'ich ziehe es mal um'.

Dienstag, 10. August 2010

Ein Leben, wie es sein kann (und doch nicht sein sollte)

Er lebte, um zu arbeiten
Und fragte nicht nach Wahrheiten
Sein Leben nahm so seinen Lauf
Und er war sogar stolz darauf

Er hatte Frau und Kind und Haus
Der Sohn, der zog mit 18 aus
Die Frau ging etwas später weg
Und schlief in jemand and'res Bett

Er meinte, ach, es stört mich nicht
So hab ich viel mehr Zeit für mich
Er füllte diese auch sofort
Vorm Fernseher mit Sofasport

Er dachte ziemlich selten nach
Ja, die Synapsen lagen brach
Denn hätte er mal nachgedacht
Dann wär er vielleicht aufgewacht

So war sein Leben der Betrieb
Und dass ihm sonst auch gar nichts blieb
Das nahm er gar nicht richtig wahr
Da Arbeit ja sein Leben war

Und schließlich kam der Ruhestand
Mit dem er sich nur schwer abfand
Er war da grad erst sechzig Jahr
Und merkte, wie allein er war

Nun saß er in dem leeren Haus
Sein Leben - das war plötzlich aus
Er wusst' nichts mit sich anzufang'
Drum hat er sich dann aufgehang'

Er lebte nicht, oh nein, er schlief
Nun bettet man ihn sechs Fuß tief
Ach, hätt' er nur mal nachgedacht
Dann wär er vielleicht aufgewacht

Freitag, 6. August 2010

nur kurz verreist

sehen, hören; ahnen. fühlen
dann, auf den schultern fängt es an
die kalte hand, sie greift, sie streicht
die arme und die fingerspitzen
den rücken läuft das eis hinab
und aus den haaren werden dornen
die haut gespannt bis zu den zeh'n
und alles ist so klar. so klar
das kleine stechen in der brust
und alles geschieht wie von selbst
ein beißen auf die unterlippe
die augenlider beben, zucken
die augen schließen; hell, so hell
und heiß ist es, und dann das zittern
obwohl doch weg, so weit weit weg
das salz schmeckt nach zuhause
obwohl doch schmerz und glück vereint
das salz schmeckt nach zuhause


der letzte takt klingt aus, ich bin
doch immer noch zuhause

Freitag, 30. Juli 2010

Adieu altes Haus

Wie Tränen tropft der Regen von den Fensterbänken
Die Fenster fast erblindet wie von grauem Star
Man kann nur noch erahnen wie es früher war
Wie alte Narben wirken Risse in den Wänden

Und auch das Haupt bekommt inzwischen Haarausfall
Der Wind ist grausam, raubt dem Dach im Sturm die Ziegel
Es steht und schweigt, verschlossen durch den rost'gen Riegel
Die Balken ächzen, Knochen schmerzen überall

Der Zahn der Zeit, er nagt, hier hilft auch kein Sanieren
Es ging mal mit dem Stock, heut kriecht's auf allen Vieren
Noch bietet es den Jahreszeiten stolz die Stirne

Zu lang ist es allein, es will nicht mehr bestehen
Schließt die Rolladen, dieses Haus will nichts mehr sehen
Ein letztes Rendezvous nur... mit der Abrissbirne

Donnerstag, 8. Juli 2010

Versteckspiel im Luftschloss

Ich frag' mich, hat sie wirklich kein Gesicht
Bekomme ich es einfach nicht zu fassen
Sie steht vor mir und lacht und tanzt und spricht
Verzaubert mich gar über alle Maßen

Schon tritt sie durch den Spiegel und ist weg
Verzweifelt stürm' ich los, ich muss sie finden
Ich such' sie mit der Sehkraft eines Blinden
Ich such' auf schwarzem Tuch den schwarzen Fleck

Verfolge sie durch tausendeine Welt
Mal find' ich sie, mal find' ich ihre Spuren
Doch immer bleibt der Weg zu ihr verstellt
Es bleiben nur verschwimmende Konturen

Und immer wieder fünf Minuten Glück
Und immer wieder fünf Minuten Liebe
Und immer wieder wünsch' ich, dass sie bliebe
Doch jedesmal bleib ich allein zurück

Ich trag' ein Tuch bei mir, das sie mir gab
Ich riech' daran und weiß, sie muss real sein
So flieg' ich zu den Wolken und herab
Ganz unten dämmert's mir, kann das denn wahr sein

Ich werde panisch, bleibe passioniert
Der Druck auf meiner Lunge lastet schwer
Die Augen gehen auf, ich fühl' mich leer
Und such' sie noch als sich der Traum schon längst verliert.



Samstag, 29. Mai 2010

zeitreise (wider willen)

ich sah das alte glück
verrottet
liebe lange zeit
verblasst
ich blickte heut zurück
erschrocken
letzte möglichkeit
verpasst

denn damals wurd mein herz
zerrissen
zukunft durch ein wort
zerfetzt
ich hab mich durch den schmerz
gebissen
Narben blieben dort
zuletzt

jetzt sind sie wieder auf-
gebrochen
raus kommt frisches blut
getropft
es kommt erneut heraus
gekrochen
wird nichtmal von wut
verstopft

in alten wunden salz
verstreuen
alte fehler neu
bereut
die ader schwillt am hals
aufs neue
böser alter geist
befreit

Freitag, 21. Mai 2010

Ein Bruch in Mono

Für immer ist ne ziemlich lange Zeit
Sag mal, haben wir das wirklich mal geglaubt
Du guckst mich an und spielst mit deinen Haaren
Malst mit den Fingern Herzchen in den Staub

Für immer klingt mit Abstand recht naiv
Sag mal, meinten wir das damals wirklich Ernst
Du guckst mich an, sag, guckst du durch mich durch
Jetzt sag doch was, denn das hier ist kein Scherz

Und ich kann nicht mal mehr heulen
Und ich war noch nie so leer
Dass ich letzte Nacht die ganze Zeit gekotzt hab
Erscheint im Nachhinein schon fast als fair

Die Ewigkeit kann man nur schwierig teilen
Doch die Liebe macht bekanntlich ziemlich blind
Ich glaube wirklich, dass ich es gefühlt hab
Jetzt frage ich dich ehrlich wo wir sind

Die Ewigkeit vergeht in fünf Minuten
Doch die Liebe ist halt leider gar kein Spiel
Du guckst mich an aus traurig-müden Augen
Dem Müll in mir fehlt weiter das Ventil

Und ich kann nicht mal mehr heulen
Und ich war noch nie so leer
Dass ich letzte Nacht die ganze Zeit gekotzt hab
Erscheint im Nachhinein schon fast als fair

Mittwoch, 19. Mai 2010

Klärgrubentaucher

Ein trüber Tag im Mai
der Weizen wiegt im Wind
und nebenan die Kinder
gehn Gassi mit dem Hund

Du liegst auf einer Wiese
die Sonne lacht dich aus
und die Gedanken sieden
Hormone sieden auch

Das Buch auf deiner Decke
erzählt heute nicht viel
es weht ne warme Brise
im Zug raschelt das Laub

Und alle gehn vorrüber
und niemand nimmt dich wahr
ein Junge spielt im Garten
fährt mit dem Bobbycar

Und früher wars nicht besser
und früher wars ok
der Bolzplatz um die Ecke
weiß das noch genau

Und manchmal willst du einfach schreien!
Und manchmal willst du einfach schreien!
Manchmal heulst du einfach so,
Abends beim Fernsehen
Und ihr Platz ist weiter unbesetzt

Ein trüber Tag im Frühling
der Sommer sitzt noch fest
dort oben fliegt ein Segler:
der Herbst ist doch vorbei

Du liegst so auf der Seite
und Beine stapeln sich
die Nachbarn komm' vom Freibad
die Augen rot. Vom Chlor.

Ein Telefon das klingelt
die Nummer unterdrückt
du willst da heut nicht drangehn
und drückst sie einfach weg

Noch einmal zehn Minuten
die Augen einfach zu
doch dies hier ist nicht Schweden
der Gartenteich kein See

Und früher wars nicht anders
und früher wars ok
der Staub in der Garage
singt davon ein Lied

Und manchmal willst du einfach schreien!
Und manchmal willst du einfach schreien!
Und im Keller liegt ein Stapel Wäsche,
schimmelt auf dem Boden
Und ihr Photo grinst dich wissend an

Und manchmal willst du einfach schreien!
Und manchmal willst du einfach schreien!
Manchmal heulst du einfach so,
Abends beim Fernsehen
Und ihr Platz ist weiter unbesetzt

Dienstag, 11. Mai 2010

Begegnung Nähe Uni Bochum

Ein Blitzen erhellte den Tag
so wie zwei Saphire, gerahmt
von rotem, ja glänzendem Haar
und plötzlich erstarrte die Zeit
als unsere Blicke sich trafen
da war etwas wie Sympathie
wie unterbewusstes Erkennen...
Ein Rattern zerbrach den Moment
die S-Bahn kam lärmend herein
wir stiegen zwar beide dort ein
doch schon an der zweiten Station
verließ sie das Fahrzeug nach links
Ich sah nur den hellgrauen Rock
als sie auf der Treppe verschwand
und blieb in der S-Bahn zurück
die weiterfuhr auf ihrem Gleis
Die Fahrgäste um mich herum
verblassten und lösten sich auf
und ich blieb dort sitzen, allein
und lauschte dem Rattern des Zugs.

Mittwoch, 5. Mai 2010

Schicksalstag

Am Tage als die Liebe mich verließ
verschwand die Farbe, und mit ihr das Licht
denn plötzlich war mein Leben ein Verlies
in dem ich ziemlich schnell auf Gitter stieß
und Schlüssel für den Kerker gab es nicht

Am Tage als in mir etwas zerbrach
verletzte ich mich an diversen Splittern
und all die Wunden eiterten danach
und all die Blumenfelder lagen brach
zerstört von Hagelstürmen und Gewittern

An diesem Tage wurde ich zerdrückt
und alles was ich war ging vor die Hunde
und seither ist mir kaum etwas geglückt
ich laufe nicht mehr, nein, ich geh' gebückt
und warte nur noch auf die letzte Stunde

Freitag, 30. April 2010

Erster Mai

Am ersten Mai
ist Tag der Arbeit;
jetzt echt? Es ist zum Reiern.
Am ersten Mai
da hat man frei!
Das' Grund genug zum Feiern.
Am ersten Mai
sind Kinder oft
zum ersten Mal betrunken.
Am ersten Mai
hat jeder schonmal
stark nach Bier gestunken.
Am ersten Mai
da läuft man los
und säuft als gäbs kein Morgen.
Am ersten Mai
denkt man nicht viel,
ertränkt man seine Sorgen.
Am ersten Mai
macht man kaputt
und zwar Gehirnes Zellen.
Am ersten Mai
ist man so frei
wie Knastis in den Zellen.
Am ersten Mai
vergisst man gern
den Stress der letzten Wochen.
Am ersten Mai
vergisst man gern,
dass sie uns unterjochen.
Am ersten Mai
lässt man die Oben
halt ihr Süppchen kochen...
Der erste Mai
ist Tags darauf
nur Schmerz in euren Knochen.

Montag, 26. April 2010

Beim verrückten Buchmacher

Die Würfel machen schöne Augen
Die Karten haben Herz
Der Strohhalm fängt schon an zu saugen
Man spielt, 'ne kleine Terz
Das Blatt, scheint's, will partout nichts taugen
Und Wissen heißt noch lang nicht Glauben
Man lacht über den Scherz

Nichts geht mehr: rien ne va plus
Das Leben rollt im Kreise
Ein falsches Lächeln, ohne Müh'
Die Wahrheit wird ganz leise
Man weiß, dass Tod dort draußen blüht
Absurdistan, meint Herr Camus
Und macht sich auf die Reise

Jetzt geh'n die Pferde auf die Bahn
Sieht gut aus: Kurse steigen
Zum dritten Male kräht der Hahn
Und weiter geht der Reigen
Sie schippern auf 'nem lecken Kahn
Und steigern sich in einen Wahn
Bald heißt es: Karten zeigen

Erneut füllt man die Gläser auf
Spielt Schwimmen und will Trinken
Man wettet auch auf Dauerlauf
Der Sieger kriegt 'nen Schinken
Verluste nimmt man glatt in Kauf
Der Dampfer scheint noch obenauf
Titanic kann nicht sinken

Die Augen auf den Würfeln schielen
Der König steht Schachmatt
Ein Streit entsteht beim Karten spielen
Man ahnt gezinktes Blatt
Ein paar Mann kriechen auf den Dielen
Weil dorthin wohl die Kurse fielen
Für heut, die Bank ist satt

Donnerstag, 22. April 2010

Jahresurlaub

Ich hab die freie Wahl wann ich ihn hab
So steht's zumindest im Arbeitsvertrag
2 Mal im Jahr an die 2 Wochen frei
Sonst heißt es 8 Stunden Arbeit am Tag
Aber ich fress' den geschmacklosen Brei
Und jetzt mal ehrlich, was ist schon dabei
Gibt ja noch den Sonntag.

Ist es im Sommer dann endlich soweit
Buch ich 'nen Flug in der Ferienzeit
Kinder beschränken die Freiheit der Wahl
Reisegesellschaften wissen Bescheid
Wissen, dass ich auch den Aufschlag bezahl'
Kenn' es nicht anders, ich nenn' es normal
Mindestens die Wahrheit.

Später am Ziel seh ich viel von dem Land
Swimmingpool, Palmen, Hotelbar und Strand
Flughafen, Shoppingmall, Mülldeponie
Sammel am Abend noch Muscheln im Sand
Teste exotische Gastronomie
Sag mir, ich fühl mich so gut wie noch nie
Denke nicht ans Fließband.

Schnell wie er kommt ist der Urlaub vergang'
Lärmen Maschinen statt Kindergesang
Will ich zurück ins 3 Sterne-Hotel
Wieder nimmt jeder Tag stumpf seinen Gang
Hab keine Wahl, denn ich brauche das Geld
Hoffe deswegen: oh Urlaub, komm schnell
Weiter geht's, von Anfang:

Ich hab die freie Wahl wann ich ihn hab
So steht's zumindest im Arbeitsvertrag...

Donnerstag, 25. März 2010

was man so tut

man muss nehmen, was da kommt
man muss leben
man muss sterben
man hat Wohnung mit Balkon

man muss gucken, wo man bleibt
man muss fressen
man muss scheißen
man ist schlank oder beleibt

man steht jeden Morgen auf
man will sparen
Urlaub fahren
man steht täglich zum Verkauf

man beschwert sich bei nem Bier
in der Freizeit
über Arbeit
man steht Tags drauf doch Spalier

man hats leichter, wenn man schweigt
denn man sieht nichts
und man hört nichts
man ist meistens eher feig

man versucht, nicht anzuecken
man muss lernen
wegzustecken
ich spiel nicht mit
ums verrecken
man kann mich am Arsche lecken!

Dienstag, 16. März 2010

kleine Geschichte von unerfüllter Liebe

Er malte unzählige Bilder von ihr
schrieb Worte voll Liebe auf weißes Papier
sah später nur zu, wie sie brannten
er schrieb ihr zwei Lieder auf seiner Mundharmonika
trank Schnaps und trank Bier, als wär er Alkoholiker
und sprach nicht mit seinen Bekannten

Er dachte unzählige Stunden an sie
empfand dabei viel mehr als nur Sympathie
auch wenn sie ihn nicht einmal wahrnahm
er sah nur noch sie unterwegs auf der Straß'
es kam, dass er fast alles andre vergaß
und mit seiner Welt nicht mehr klarkam

Sie kannte ihn nicht, doch er konnt nicht allein
die Seele zu lang schon gemartert von Pein
er konnte sich nicht mehr entwirrn
so zupfte er einmal noch seine Gitarre
und danach entsicherte er seine Knarre
und schoss sich mit ihr in die Stirn.

Freitag, 5. März 2010

auch wenns nicht so gedacht war

als die frau im sonnenlicht
zu ihrem mann von liebe spricht
da schaut er sie verwundert an
und sagt, dass sie ja vieles, aber nicht
alles haben kann.
(auch ihre tränen ändern nichts daran)

Montag, 1. März 2010

ein anderer Morgen

Als der Regen nachließ und die Wolken aufrissen, zeigte die Sonne zum ersten Mal seit Tagen wieder ihr Gesicht. Sie schien durchs Fenster und erhellte den Raum, brachte dabei einige geblendete Augenpaare zum blinzeln.
Auf einer mindestens zwanzig Jahre alten, durchgesessenen braunen Ledercouch saß Nico neben einem rothaarigen Mädchen, dessen Namen er bereits wieder vergessen hatte. Er musste unwillkürlich grinsen, als die Sonne das Chaos im Raum zwar deutlich sichtbar machte; da es aber natürliches Sonnenlicht war, das da enthüllte, konnte er nicht schlechtes daran finden.
Als er sich umsah, viel ihm auf, dass er nicht die geringste Ahnung hatte, wo er sich befand. Er sah die Leute an, die mit ihm im Raum saßen, und versuchte ihren Gesichtern Namen zuzuordnen, war sich sicher, dass er sie irgendwann gewusst hatte.
Irgendjemand fragte: "Hast du noch Kaffee, Steve?"
"Ja, glaub wohl, musst aber selbst kochen, ich hab kein Bock. Mach aber 'ne ganze Kanne!" sagte ein großer Kerl mit kurzen, lockigen braunen Haaren und Brille.
Natürlich, Steve wohnt hier, fiel es Nico wieder ein, den hab ich mit seinen Leuten im Versteck kennengelernt. Was aber immer noch nicht die Frage beantwortete, wo hier denn nun genau war. Er versuchte, die letzten Tage in seinem Kopf zu ordnen.
Am Freitag war er mit Daniela nach Köln gefahren, Digitalism hatten im Bootshaus aufgelegt, alles war super, und am Samstag waren sie bei Freunden von Daniela in Dortmund vorbeigefahren, hatten was gegessen und kurz geschlafen. Dann hatten sie mit den Leuten dort wieder getrunken und waren irgendwann in die Stadt gegangen. Aber wieso war Daniela nicht hier? War sie noch mit im Versteck gelandet? Und wer war überhaupt das Mädchen, das die ganze Zeit mit den Schnüren seiner Kaputze rumspielte?
Er konnte sich an die vergangene Nacht nur sehr verschwommen erinnern, und das wenige, was er noch wusste, reichte vielleicht für neunzig Minuten. "War ich gestern Abend mit 'nem Mädchen zusammen, als wir uns kennengelernt haben?"
Neben ihm quitschte es auf. "Wie, mit 'nem Mädchen? Hast du etwa 'ne Perle, oder was?"
Das rothaarige Mädchen blickte ihn mit aufgerissenen Augen auf. Ihre blauen Pupillen waren groß und glasig, dennoch war sie immer noch hübsch. Angestrengt versuchte Nico sich zu erinnern. Was war heute Nacht geschehen? Hatte er Mist gebaut? Er antwortete diplomatisch.
"Nein, ich war gestern Abend mit einer sehr guten Freundin unterwegs Die kommt aus dem selben Kaff wie ich und wir waren seit Freitag zusammen unterwegs."
Das war die Wahrheit. Zumindest auf dem Papier. Offiziell war er nicht mit Daniela zusammen, sie hatten da so noch nie drüber geredet. Trotzdem fühlte sich sein Magen plötzlich hart und kalt an. Er verzog das Gesicht.
Nein, er hatte nicht mit dem Mädchen geschlafen. Plötzlich konnte er sich wieder genau erinnern. Sie waren zusammen in Steves Schlafzimmer gewesen. Sie hatten nicht miteinander geschlafen. Aber sie hatte ein Zungenpiercing und wusste damit umzugehen. Nico fühlte sich schlecht.
"Also war ich alleine unterwegs?"
Steve sah ihn an. "Wir haben uns irgendwann an der Theke im Versteck über Digitalism unterhalten und ein Bier zusammen getrunken. Da warst du allein. Du warst aber auch schon ziemlich vercheckt. Alter, weißt du das echt nicht mehr?" Nico schüttelte mit dem Kopf. "Krass. Wir waren noch bis sechs da, und du meintest, du müsstest den selben Zug nehmen und bist dann noch mit zu mir gekommen. Wir sind jetzt seit fast vier Stunden hier. Du kannst mir doch nicht erzählen, dass du gar nichts mehr weißt!"
Nico hatte nur mit halbem Ohr zugehört; er starrte auf sein Handy, dass nicht mehr angehen wollte, offensichtlich war der Akku leer. Er sorgte sich um Daniela, wollte sie anrufen, wollte Jörg anrufen, um ihn zu fragen, ob er etwas gehört hatte. Immer unruhiger werdend blickte er wild um sich, suchte seine Jacke. Nach einem Blick nach unten suchte er auch seine Schuhe.
"Bleib mal gechillt!" maulte jemand vom Sofa, aber Nico konnte nicht mehr sitzen bleiben. Er stand auf und zog seine Schuhe an. Er schaute zu Steve und fragte: "Wo sind wir hier überhaupt? Und wo ist der nächste Bahnhof?"
Steve lachte. "Du bist ja fertig, Alter. Wir sind in Coesfeld und der Bahnhof ist die Straße runter und an der Ampel rechts, kannste nicht verfehlen. Ich meld mich dann mal online bei dir, und vielleicht sieht man sich ja mal über Martina!"
So hieß sie also. Nico blickte sie an und sagte: "Ja, ich meld mich dann irgendwann..."
"Ja, meine Nummer hast du ja!"
Ganz bestimmt würde er sich nicht melden. Diesen Teil der Nacht würde er gerne vergessen. Was war mit Daniela?
"Und sonst meld ich mich einfach, hab deine Nummer ja auch!" Nico lächelte sie unglücklich an. Irgendwie tat sie ihm leid, er fühlte sich schuldig, zog sich aber weiterhin zügig an. Er musste irgendwie Daniela erreichen. Noch einmal drehte er sich um und verabschiedete sich von der verstrahlten Truppe: "Haut rein, man sieht sich!"
Während er zur Haustür ging, hörte er noch zwei oder drei Leute etwas entgegnen, aber er war mit den Gedanken bereits wieder auf der Suche. Er schloss die Haustür hinter sich, schaute sich um und atmete tief durch. Er hatte das Gefühl, der Mann auf der anderen Straßenseite schaue ihn komisch an, aber er schob es beiseite.
Was er nun brauchte, war ein Telefon.
-
Update: Die Freaks haben jetzt auch noch ein eigenes Blog. Den Anfang macht der Yogi. Oder ist das am Ende doch was ganz anderes? Wie war das mit den 2 Hirnhälften? Gefüllte Gedankentasche


Abenteuer nahe Utopia

beinahe ists als käm ich grad nach Hause
zur gleichen Zeit bin ich auch seltsam fremd
und im Moment nicht mehr als ein Banause
ja, dass ich hier bin ist allein schon unverschämt

um mich herum ist radikale Freiheit
der Zauber einer kreativen Welt
wobei sich etwas ähnliches wie Neid zeigt
das alles hat mir viel zu lang gefehlt

zugleich komm ich mir vor wie ein Vampir
ich trink vom Leben, schwimm in seiner Flut
doch ehe ich mich selbst in ihm verlier
schreck ich zurück, allein mir fehlt der Mut

zurück in meinem seltsam grauen Alltag
es scheint, als war ich lange Zeit nicht hier
doch Bilder, die die Nacht in mir gemalt hat
verwandeln sich in Worte auf Papier

als einmal sommer war

am schönsten tag des sommers wehte
ein warmer wind entlang des fluss'
und auf ihm tanzten die libellen
und als der wind dann ganz leicht drehte
verbreitete er einen duft
an unsrer kleinen feuerstelle

wir brauchten blos die augen schließen
schon sahen wir das erdbeerfeld
am rand der frisch gemähten wiese
und spürten sie unter den füßen
ein kleiner hauch perfekter welt
versendet mit der sommerbriese

auch dieser tag, er wollt nicht bleiben
wollt mit dem winde weiterwehen
verschwand sehr bald schon hinterm wald
und mir blieb nur, ihn aufzuschreiben
so weiß ich wenn ich sonn ersehne
der nächste sommer kommt schon bald

Dienstag, 23. Februar 2010

Schlafgedicht

In diesen Zeilen lebt ein Traum
ich möchte ihn dir senden
der Tag verlässt ganz leis den Raum
verrinnt zwischen den Händen

Die letzten Sonnenstrahlen sind
schon längst dem Mond gewichen
die Welt wird langsam farbenblind
sie scheint zu grau verblichen

Es blitzt zwischen den Wolken auf
dort schimmern nun die Sterne
dort trägt dich dieser Traum hinauf
und weiter in die Ferne

Da kann man bunte Blumen sehn
den Strand entlangspazieren
den Sinn in allem fast verstehn
sich in sich selbst verlieren

Bis Morgen früh die Sonne grüßt
gehn die Gedanken gleiten
auf das du deinen Schlaf genießt
in anstrengenden Zeiten

als ich dich sah

Beim ersten Mal als ich dich sah
da warst du interessant
doch ich wagte nicht, mit dir zu sprechen
Beim zweiten Mal als ich dich sah
da warst du elegant
doch ich schaffte nicht mal, nur zu lächeln

Beim dritten Mal als ich dich sah
da warst du rätselhaft
und ich wollte dich so gern durchschauen
Beim vierten Mal als ich dich sah
da strahltest du vor Kraft
doch ich konnte mich einfach nicht trauen

Und dann, als ich dich wiedersah
da glaubte ich es kaum
schiens als sein wir im Geiste verwandt
Beim letzten Mal als ich dich sah
da wars in meinem Traum
und du hattest mein Herz in der Hand

Montag, 22. Februar 2010

das wartende Weinglas

fadenscheinig, trüb das Glas
tiefrot war sein Inhalt einst
arg zerbrechlich steht es da
harrt noch stets des Weins

um das Glas 'rum grauer Staub
täglich wächst die Kruste an
und vergor'nen Saft der Traub
trank hier lang Niemand

Sonnenschein fällt in den Raum
leuchtet durch zerbroch'ne Scheiben
so vergeht ein alter Traum
nur das Glas muss bleiben

bis die Wände müde werden
und die Deckenbalken brechen
dann geht auch das Glas in Scherben
könnt es, es würd' lächeln

Sonntag, 21. Februar 2010

die besten lügen

die besten lügen, die erzählen wir uns selbst
und ich persönlich glaube an ne heile welt
ich hab reichlich geld zur hand, ums zu verprassen
und meine exfreundin, die hat mich nicht verlassen
ich brauch das bier am abend nicht, es schmeckt nur lecker
und wenn ich morgens mal verschlafe liegts am wecker

die lügen, die wir uns erzählen, sind die besten
ich lad das nur illegal runter, ums zu testen
das letzte wochenende war nicht übertrieben
und dafür wird beim nächsten mal zuhausgeblieben
am allerbesten gehts mir, bin ich ganz allein
ich frag mich, ob ich mich betrüg und antworte mit nein.

Donnerstag, 18. Februar 2010

ich fühl mich wohl da wo ich grade bin
auch wenn ich mir damit selbst auf den leim geh
so individuell, so voller sinn
sitz ich bei mir zuhaus und habe heimweh

es scheint, als sei mir alles scheißegal
was morgen ist, das wird sich morgen zeigen
was gestern war verstaubt schon im regal
und heute üb ich mit den wänden schweigen

wenn ich am morgen in den spiegel blick
sagt etwas in mir, dass ich grade mich seh
was and'res sagt, dass ich nicht richtig tick
und dass es sich nicht immer nur um mich dreht

es fühlt sich gut an wenn mal was gelingt
ernüchternd die bilanz, wenn es mal ernst wird
ich denk bis der gedanke dann ertrinkt
bis die essenz des denkens dann entfernt wird

so taumel ich nur suchend durch die welt
obwohl ich das gesuchte in mir drin trag
und wenn auch dieser eine tag mich quält
er lädt den willen auf, der nach dem sinn fragt

Dienstag, 16. Februar 2010

Überlegung

Ich verstehe jeden, der sagt, es ist nicht ok, wenn jemand der arbeitet weniger Geld hat als jemand, der nicht arbeitet.
Daraus zu schließen, das also der Arbeitslose weniger haben sollte, ist jedoch absolut verkehrt. Die richtige Schlussfolgerung sollte sein, dass der Arbeiter für seine Tätigkeit angemessen entlohnt werden muss - denn das ist offensichtlich nicht der Fall.
Da der Reallohn der Arbeiter und Angestellten in den letzten Jahrzehnten kaum gestiegen ist, während die Gewinne der Unternehmen gewaltig zugelegt haben, wären Lohnerhöhungen meiner Meinung nach die logische Konsequenz. Aus der Tatsache, dass Menschen ausgebeutet werden, sollte man nicht folgern, dass man den noch Schwächeren, welche nicht einmal mehr ausgebeutet werden, von ihren paar Krümeln noch etwas wegnehmen muss.


Montag, 8. Februar 2010

...

Da hat der Herr Küppersbusch mal wieder die Wahrheit ausgesprochen:

"Wer etwa Schulen, Kindergärten und andere gesellschaftliche Einrichtungen betreibt, sollte sich den Grundwerten dieser Gesellschaft unterwerfen müssen. Also Geschlechtergerechtigkeit, demokratische Strukturen und Transparenz."

Hier gings, unschwer zu erkennen, um die katholische Kirche...

Hier ist der ganze Artikel zu lesen.

Donnerstag, 4. Februar 2010

nächster Tag

DANIELA: Guten Morgen!
NICO: (unverständlich)
DANIELA: Ich hab Kaffee aufgesetzt. Du trinkst doch Kaffee?
NICO: Kaffee klingt göttlich. Wie spät ist'n das?
DANIELA: Kurz vor fünf. Haben wohl lange gepennt.
NICO: Oh Mann. Sind wir heute morgen echt direkt eingeschlafen?
DANIELA: Ja, ich bin stolz auf mich! (lacht)
NICO: Aha. Naja passt schon. (er sieht sich um) Schön hast du's hier.
DANIELA: Ja, oder? Kommst du mit duschen?
NICO: Was für eine Frage.
DANIELA: Schön. Zeigst du mir später deine Wohnung?
NICO: Ähm... ja meinetwegen, ich werd aber vorher mal schauen ob sie vorzeigbar ist. Du kennst das doch, Männer-WG.
DANIELA: Ach, du hast noch 'nen Mitbewohner?
NICO: Ja, Jörg. So'n Student. Aber ist ein guter Freund.
DANIELA: Den stellst du mir dann ja nachher vor. Und jetzt raus aus den Federn, das Wasser im Bad läuft schon!
NICO: Bin schon unterwegs!

Montag, 1. Februar 2010

Metaphysik

Ich trage immer eine Herz-As-Spielkarte mit mir rum. Im Portemonnaie.
Das hat keinen speziellen Grund, ich hab sie einfach vor ein paar Jahren reingesteckt und seither immer dabei.
Es ist nicht so, dass sie mir bei irgendetwas Glück gebracht hätte. Zumindest nicht, dass ich es wüsste. Aber trotzdem lasse ich sie jedes Mal, wenn ich die Patte ausmiste drin.

Doch, reichlich irrational.


Sonntag, 31. Januar 2010

Nico & das Feiern

Ich ging am Wochenende gerne feiern. Nicht auf irgendwelche Feten, sondern in kleine Clubs, in denen die Akustik furchtbar und außer Bass nichts wahrzunehmen war. Das war gut, so musste das.
Manchmal kam Jörg mit, aber meist zog ich alleine los. Ich brauchte das irgendwie, nach 5 Tagen malochen im Lager, nach 5 Tagen organisierter Verblödung einmal alles abstellen. Sichergehen, dass ich breit genug war. Sichergehen, dass keine Melodie mehr durchdrang. Sichergehen, dass nicht mal Mädels mich noch ablenkten. Und dann tanzte ich, wie allein, ganz für mich, schwamm im Bass, surfte auf den trommelfellvernichtenden Wellen, suchte die Nähe zum Nirvana.
Jörg meinte, ich würd das übertreiben, mit der ganzen Feierei. "Du solltest dir mal ein bisschen weniger Scheiß reinziehen," sagte er immer, "du machst dich nur kaputt."
Aber kaputt machte mich nicht der Alkohol, nicht das Gras. Drogen waren höchstens ein Symptom. Es war das Leben - trostlos, bestimmt von Arbeit, von Geldsorgen, von Stumpfsinn. Es war die Fabrik, das scheiß Lager, die Arschlöcher von der Zeitarbeitsfirma, die unfreundlichen Beamten beim Sozialamt, die Unfähigen beim Arbeitsamt. Es waren die Frauen, die immer etwas anderes wollten, als sie sagten. Es war mein Vater, der sich einen Dreck für mich interessierte. Und meine Mutter, die mir ständig Vorwürfe machte. "Ich will doch nur dein Bestes." Ja, Mama, ich weiß doch.
Also ging ich am Wochenende feiern. Um den Kopf freizubekommen. Indem ich ihn erstmal zuknallte. Mit Teilen auf Housepartys, wie immer vom Arbeitskollegen, und direkt die Party mitfinanziert. Morgens wenn es hell wird noch im Club, tanzen. Minimal zur After Hour und teures Pulver von der Klobrille schnuppern.
Jörg sagte immer, ich sollte das Zeug nicht anpacken. "Das ist schlecht für den Charakter." Außerdem wüsste ich doch selbst, wie heftig es wäre, und wer da schon alles drauf abgeschissen wär. Er hatte ja recht - aber ich antwortete darauf regelmäßig: "Geh du erstmal arbeiten." Außerdem hatte er gut reden - schließlich war er auch kein Kind von Traurigkeit.
Als ich mal wieder Samstags Nachts in den Club ging, um mich zuzudröhnen, lernte ich wider Erwarten ein Mädel kennen. Sie hieß Daniela.


Samstag, 23. Januar 2010

samstag abend

JÖRG: Heute noch was vor?
NICO: Weiß nicht, wollte eigentlich dieses Wochenende noch 'nen Ruhigen machen, nächstes steht 'ne Party an. Selbst?
JÖRG: Ich wollt A new hope gucken und 'n Glas Wein trinken. Muss morgen noch wat lernen.
NICO: Jo - warst du in Holland?
JÖRG: Ne ich brauch nicht dies Wochenende, weißt du doch.
NICO: Scheiße. Hast du Haller gesprochen?
JÖRG: No.
NICO: Ach scheiße. Na ich bin dann mal los, bis später.
JÖRG: Hau rein.
Nico zieht seine Jacke an und verlässt in Eile die Wohnung.
JÖRG: Manchmal hab ich das Gefühl, er ist am Wochenende n o c h fertiger als sonst.

vielleicht

Wenn ich an dich denke wenn du an mich denkst
vielleicht treffen sich ja unsere Gedanken
und lassen die Welt hinter sich

Freitag, 22. Januar 2010

verstrahlt

Jörg und Nico spielen Playstation.
JÖRG: Hast mitbekommen? Zwischenfall in Gronau?
NICO: Zwischenfall? Wat für'n Zwischenfall?
JÖRG: Urenco.
NICO: Wie Urenco, so mit Strahlung und so? Hab nix mitbekommen.
JÖRG: Ja, ist einer in ausgelaufene Suppe gelaufen und verstrahlt worden. Ist jetzt im Krankenhaus. Kommt sogar in den Nachrichten.
NICO: Das wird der Gegen-UAA-Bewegung bestimmt wieder Zulauf bringen.
JÖRG: Ja, das wäre wohl zu hoffen.
NICO: Gehst auch wieder demonstrieren?
JÖRG: Denke schon. Du auch mal dabei?
NICO: Weiß nicht. Ist ja immer Sonntags, kennst dat ja. Wenn dat da anne UAA losgeht geh ich grad ins Bett. Du eigentlich auch meistens, fällt mir dabei auf.
JÖRG: Ne, ich geh dann vorher nicht raus. Oder ich mach durch.
NICO: Würd ja passen, völlig verstrahlt auf 'ne Anti-Atom-Demo.
JÖRG: Auf jeden! Apropos verstrahlt, baust du?
NICO: Auf jeden. Und lass mal weiterzocken hier jetzt.

Montag, 18. Januar 2010

wat da los is

Ich versteh die ganze Aufregung im Moment nicht.
Die FDP hat also eine Parteispende vom Hauptaktionär der Mövenpick-Gruppe bekommen. Die CSU auch. Und danach haben sie den Hoteliers den Mehrwertsteuersatz für Übernachtungen gesenkt.
Skandal? Jetzt auf einmal ist sowas skandalös? In welchem Paralleluniversum haben die Leute denn alle bisher gelebt? Im Moment ist Herr Schreiber in Deutschland, der muss hier einen Prozess führen. Der könnte über die lange Geschichte der Parteispenden bestimmt auch noch die ein oder andere Anekdote erzählen.
Das öffentliche Gedächtnis ist recht kurz was bestimmte Dinge angeht. Und bis zur NRW-Wahl dürfte auch diese Episode wieder in Vergessenheit geraten sein.


Montag, 4. Januar 2010

auf LAN

Sechs Leute sitzen auf engstem Raum vor ihren Bildschirmen. Um sie türmen sich Zigaretten in Aschenbechern, leere Flaschen stehen in Gruppen zusammen, Burgerpapier und Tüten von Fastfoodketten liegen herum, und überall Süßigkeiten oder ihre Überreste. Die Leute haben Kopfhöhrer auf, doch es wird trotzdem viel geredet. Eine bizarre, wechselnde Art von Kommunikation. Lange Phasen, in denen die Gespräche nur aus Flüchen und Beleidigungen zu bestehen scheint, meist mit Feststellungen gepaart. Das klingt dann in etwa so: "Scheiße! Ich war grade am nachladen. Und du Penner gibst mir 'nen Headshot. Fuck bin ich bescheuert! Jetzt hab ich Vollidiot mich auch noch selbst gefraggt." Die Gesprächspartner quittieren solche Aussagen mit freundlichen Ausrufen wie etwa "Ha ha!" oder "Yes! Headshot!"
Desweiteren werden noch Hinweise und Anweisungen gegeben: "Hinter dir!", "Im Fenster links steht einer!", "Der Penner hockt im Busch!", "Einer sichert A, die anderen beiden auf C!" und so weiter. So geht das einige Stunden, mit nur wenigen kurzen Unterbrechungen. Irgendwann fallen die Worte, die Ratlosigkeit und Hektik zugleich aufkommen lässt: "Wollen wir nicht mal was anderes zocken?" - "Jo, gute Idee, lass uns mal." - "Was zocken wir denn?"
Während dem nun folgenden Brainstorming, an dem sich niemand wirklich mit Elan beteiligt, läuft die Mikrowelle in der Küche und erhitzt mehrere Asia Nudelsnacks. Sind auch die Anwesenden in diesem Moment alles andere als sportlich, so behauptet zumindest die kreisende Zigarette von sich, es zu sein.
Nachdem die Bierkiste einiges an Inhalt verloren hat, einigen sich die noch nicht eingeschlafenen Personen auf ein Rennspiel, welches allerdings nach kurzer Zeit wieder langweilig wird. Einige Anwesende vergnügen sich mit nicht Anwesenden auf Online-Servern. Die anderen Anwesenden sind davon wenig begeistert, wissen aber auch keinen Ausweg. Man geht schlafen - versetzt.
Als die Sonne am nächsten Morgen aufgeht, haben zwei der Anwesenden noch nicht geschlafen, dafür haben sie frisch angefangene Diablo II-Charaktere. "Schon Level 28!" sagt einer der beiden zum grade erwachten Freund, der sich ungläubig und verpennt die Augen reibt. "Darauf muss ich erstmal einen rauchen." - "Bier ist übrigens auch alle, irgendwer muss gleich ne neue Kiste holen!" - "Alles klar, ich nicht." Damit wird der nächste Erwachende überrascht, der zum Brötchen- und Biereinkauf aufbricht.

Das ganze geht über mehrere Tage. Abwechslung ist relativ. Die Welt vor der Tür - unwirklich. Aber das will man. Auf LAN.


mein atem gefriert
vorher waren hasen hier
sie färbten den schnee

Samstag, 2. Januar 2010

Prosit Neujahr

Wünsche allen Lesern ein interessantes und schönes Jahr 2010!