Dienstag, 28. September 2010
damit umgehen
Tränen befeuchten das Brot
Tränen zerfurchen die Wangen
Tränen erzählen von Not
Weinen nur heimlich alleine
Weinen verhindern mit Macht
Weinen versteckt hinter Masken
Weinen im Bett in der Nacht
Steine gesammelt im Magen
Steine getragen als Last
Steine im Weg und dann stolpern
Steine zerbrechen das Glas
Schlucken die Klöse als Ganzes
Schlucken was immer da nagt
Schlucken und weiter im Ablauf
Schlucken hat man uns gesagt!
Samstag, 4. September 2010
Bestandsaufnahme
Die Schmerzen die ich spüre hab ich schon einmal verdrängt
Was immer ich auch fühle hab ich schon einmal verneint
Und heut wurd meine Seele nur ein bißchen mehr versengt
Freitag, 30. Juli 2010
Adieu altes Haus
Die Fenster fast erblindet wie von grauem Star
Man kann nur noch erahnen wie es früher war
Wie alte Narben wirken Risse in den Wänden
Und auch das Haupt bekommt inzwischen Haarausfall
Der Wind ist grausam, raubt dem Dach im Sturm die Ziegel
Es steht und schweigt, verschlossen durch den rost'gen Riegel
Die Balken ächzen, Knochen schmerzen überall
Der Zahn der Zeit, er nagt, hier hilft auch kein Sanieren
Es ging mal mit dem Stock, heut kriecht's auf allen Vieren
Noch bietet es den Jahreszeiten stolz die Stirne
Zu lang ist es allein, es will nicht mehr bestehen
Schließt die Rolladen, dieses Haus will nichts mehr sehen
Ein letztes Rendezvous nur... mit der Abrissbirne
Mittwoch, 19. Mai 2010
Klärgrubentaucher
der Weizen wiegt im Wind
und nebenan die Kinder
gehn Gassi mit dem Hund
Du liegst auf einer Wiese
die Sonne lacht dich aus
und die Gedanken sieden
Hormone sieden auch
Das Buch auf deiner Decke
erzählt heute nicht viel
es weht ne warme Brise
im Zug raschelt das Laub
Und alle gehn vorrüber
und niemand nimmt dich wahr
ein Junge spielt im Garten
fährt mit dem Bobbycar
Und früher wars nicht besser
und früher wars ok
der Bolzplatz um die Ecke
weiß das noch genau
Und manchmal willst du einfach schreien!
Und manchmal willst du einfach schreien!
Manchmal heulst du einfach so,
Abends beim Fernsehen
Und ihr Platz ist weiter unbesetzt
Ein trüber Tag im Frühling
der Sommer sitzt noch fest
dort oben fliegt ein Segler:
der Herbst ist doch vorbei
Du liegst so auf der Seite
und Beine stapeln sich
die Nachbarn komm' vom Freibad
die Augen rot. Vom Chlor.
Ein Telefon das klingelt
die Nummer unterdrückt
du willst da heut nicht drangehn
und drückst sie einfach weg
Noch einmal zehn Minuten
die Augen einfach zu
doch dies hier ist nicht Schweden
der Gartenteich kein See
Und früher wars nicht anders
und früher wars ok
der Staub in der Garage
singt davon ein Lied
Und manchmal willst du einfach schreien!
Und manchmal willst du einfach schreien!
Und im Keller liegt ein Stapel Wäsche,
schimmelt auf dem Boden
Und ihr Photo grinst dich wissend an
Und manchmal willst du einfach schreien!
Und manchmal willst du einfach schreien!
Manchmal heulst du einfach so,
Abends beim Fernsehen
Und ihr Platz ist weiter unbesetzt
Freitag, 5. März 2010
auch wenns nicht so gedacht war
zu ihrem mann von liebe spricht
da schaut er sie verwundert an
und sagt, dass sie ja vieles, aber nicht
alles haben kann.
(auch ihre tränen ändern nichts daran)
Donnerstag, 3. Dezember 2009
sandboarding im stundenglas
das wohnzimmer erleuchtet von
deutschlands schönsten bahnstrecken
die luft im raum massiv vom rauch
noch einen schluck kamillentee
und wachträume von schlaf
nirvana unplugged aus den boxen
bis rote augen tränen treiben
bilder zeichnen in den staub
auch ewigkeit hält nur minuten
ein seyfriedcomic auf dem tisch
um nachts allein zu lachen
aus zucker eine kerze basteln
an asche dafür mangelts nicht
und dann gedanken tauchen lassen
wie früher in schwedischen seen
die zeit anhalten und der uhr
auf den zeiger gehen bis er bricht
und danach nur warten auf gestern
Donnerstag, 16. April 2009
Mal wieder Poesie
Tribut an die geflügelte Traurigkeit
Tränen offenbarten ihr wahres Gesicht
und machten aus ihr einen Engel
er wollt sie berühren doch wagte es nicht
aus Angst sich am Licht zu versengen
und wenn jede Träne Geschichten erzählt
verlas sie so ganze Romane
zu viel hatte zu lang die Seele gequält
und das brach sich nun endlich Bahne
durch diese Verwandlung vor Ehrfurcht gebannt
entfielen ihm all seine Worte
er hatte schon einige Maiden gekannt
doch keines von himmlischer Sorte
so weinte er mit ihr und teilte ihr Leid
war von ihrer Kraft überwältigt
und etwas in ihm wurde dabei befreit
und hat sich seitdem vervielfältigt
sie zeigte ihm Wege sich selbst zu befreien
und nahm ihm die Angst vor Gefühlen
er sah nun stets auch ihren Heiligenschein
doch blieb die Angst, sie zu berühren
Dienstag, 14. April 2009
Schon schlimm
"Schon komisch," dachte Sonja König
"Mein Mann ist Zigaretten holen,
die Kinder reden wie Dieter Bohlen,
und ich sitz in der Wanne und föhn mich"
"Schon seltsam," dachte Konens Bertram
"Meine Freundin ist ausgezogen,
mein Chef hat mich nur angelogen,
und ich zünd den Rest meiner Welt an"
"Schon verrückt," dachte Johan Schmidt
"Die Fabrik hat die Tore geschlossen,
wir haben etliche Tränen vergossen,
und die oben nehmen Millionen mit"
"Schon ziemlich krank," dachten die Kunden der Bank
"die spekulieren mit unserer Knete,
feiern auf unsere Kosten 'ne Fete,
und fahren die Wirtschaft gegen die Wand"
"Schon bitter," dachte Nomi Ritter
"statt dass die Leute protestieren
lassen sie sich weiter von oben regieren
und sperren sich selbst hinter Gitter"
"Schon schaurig," dachte Simon traurig
"Gebückt auf der Straße gehen die Leute,
körperlich und seelisch ausgebeutet,
es ist ZUM SCHREIEN, doch kaum einer traut sich"