Samstag, 1. Oktober 2011
Die Moral wurd zu Grabe getragen
Du bist nur das, was deine Arbeit schafft
Versorgst so vierzig Patienten an jedem Tag
Du sollst nicht Klagen wenn Patient Nr. 50 klagt
Du setzt jeden Tag Mörtel und Stein auf Stein
Doch würdest viel lieber faul wie ein Backstein sein
Du bist kein Mensch, du bist eine Ressource
Du wirst gehandelt für Geld an der Börse
Du sitzt zehn Stunden täglich am Telefon
und darfst dich freuen über sechs Euro Stundenlohn
Du gehst zur Arbeit, bist gar nicht gesund
Doch zuviel Fehlzeit ist Kündigungsgrund
Du bist ein Mensch, ganz egal was sie sagen
Die Moral wurd zu Grabe getragen
Und ihre Stimme will niemand mehr hören
Wenn die Leute sich nicht mal empören
Du bist Deutschland, du störst dich daran -
Du hörst brav auf dein Fernsehprogramm
Dienstag, 10. August 2010
Ein Leben, wie es sein kann (und doch nicht sein sollte)
Und fragte nicht nach Wahrheiten
Sein Leben nahm so seinen Lauf
Und er war sogar stolz darauf
Er hatte Frau und Kind und Haus
Der Sohn, der zog mit 18 aus
Die Frau ging etwas später weg
Und schlief in jemand and'res Bett
Er meinte, ach, es stört mich nicht
So hab ich viel mehr Zeit für mich
Er füllte diese auch sofort
Vorm Fernseher mit Sofasport
Er dachte ziemlich selten nach
Ja, die Synapsen lagen brach
Denn hätte er mal nachgedacht
Dann wär er vielleicht aufgewacht
So war sein Leben der Betrieb
Und dass ihm sonst auch gar nichts blieb
Das nahm er gar nicht richtig wahr
Da Arbeit ja sein Leben war
Und schließlich kam der Ruhestand
Mit dem er sich nur schwer abfand
Er war da grad erst sechzig Jahr
Und merkte, wie allein er war
Nun saß er in dem leeren Haus
Sein Leben - das war plötzlich aus
Er wusst' nichts mit sich anzufang'
Drum hat er sich dann aufgehang'
Er lebte nicht, oh nein, er schlief
Nun bettet man ihn sechs Fuß tief
Ach, hätt' er nur mal nachgedacht
Dann wär er vielleicht aufgewacht
Freitag, 30. April 2010
Erster Mai
ist Tag der Arbeit;
jetzt echt? Es ist zum Reiern.
Am ersten Mai
da hat man frei!
Das' Grund genug zum Feiern.
Am ersten Mai
sind Kinder oft
zum ersten Mal betrunken.
Am ersten Mai
hat jeder schonmal
stark nach Bier gestunken.
Am ersten Mai
da läuft man los
und säuft als gäbs kein Morgen.
Am ersten Mai
denkt man nicht viel,
ertränkt man seine Sorgen.
Am ersten Mai
macht man kaputt
und zwar Gehirnes Zellen.
Am ersten Mai
ist man so frei
wie Knastis in den Zellen.
Am ersten Mai
vergisst man gern
den Stress der letzten Wochen.
Am ersten Mai
vergisst man gern,
dass sie uns unterjochen.
Am ersten Mai
lässt man die Oben
halt ihr Süppchen kochen...
Der erste Mai
ist Tags darauf
nur Schmerz in euren Knochen.
Donnerstag, 22. April 2010
Jahresurlaub
So steht's zumindest im Arbeitsvertrag
2 Mal im Jahr an die 2 Wochen frei
Sonst heißt es 8 Stunden Arbeit am Tag
Aber ich fress' den geschmacklosen Brei
Und jetzt mal ehrlich, was ist schon dabei
Gibt ja noch den Sonntag.
Ist es im Sommer dann endlich soweit
Buch ich 'nen Flug in der Ferienzeit
Kinder beschränken die Freiheit der Wahl
Reisegesellschaften wissen Bescheid
Wissen, dass ich auch den Aufschlag bezahl'
Kenn' es nicht anders, ich nenn' es normal
Mindestens die Wahrheit.
Später am Ziel seh ich viel von dem Land
Swimmingpool, Palmen, Hotelbar und Strand
Flughafen, Shoppingmall, Mülldeponie
Sammel am Abend noch Muscheln im Sand
Teste exotische Gastronomie
Sag mir, ich fühl mich so gut wie noch nie
Denke nicht ans Fließband.
Schnell wie er kommt ist der Urlaub vergang'
Lärmen Maschinen statt Kindergesang
Will ich zurück ins 3 Sterne-Hotel
Wieder nimmt jeder Tag stumpf seinen Gang
Hab keine Wahl, denn ich brauche das Geld
Hoffe deswegen: oh Urlaub, komm schnell
Weiter geht's, von Anfang:
Ich hab die freie Wahl wann ich ihn hab
So steht's zumindest im Arbeitsvertrag...
Donnerstag, 25. März 2010
was man so tut
man muss leben
man muss sterben
man hat Wohnung mit Balkon
man muss gucken, wo man bleibt
man muss fressen
man muss scheißen
man ist schlank oder beleibt
man steht jeden Morgen auf
man will sparen
Urlaub fahren
man steht täglich zum Verkauf
man hats leichter, wenn man schweigt
denn man sieht nichts
und man hört nichts
man ist meistens eher feig
man versucht, nicht anzuecken
man muss lernen
wegzustecken
ich spiel nicht mit
ums verrecken
man kann mich am Arsche lecken!
Dienstag, 16. Februar 2010
Überlegung
Sonntag, 31. Januar 2010
Nico & das Feiern
Dienstag, 21. April 2009
Die Abstellkammer
Heute mal wieder eine Kurzgeschichte, wie immer auf eigene Gefahr!
Die Abstellkammer
Mit geübter Hand strich Peter den Mörtel auf den Ziegeln glatt. Die Hälfte hatte er nun geschafft, es war Zeit für eine Zigarettenpause.
Werkzeuge und Ziegel waren über den Boden verteilt, und an den Wänden standen stabile Holzregale, die mit Konserven, Einmachgläsern und Wein gefüllt waren. Eine Tiefkühltruhe stand in der Ecke, daneben ein Sack mit Kartoffeln, die ihn ans Abendessen erinnerten.
Bis dahin würde er längst fertig sein, es war erst kurz vor Mittag. Die Arbeit ging schnell vonstatten, er hatte nichts anderes erwartet. Schließlich hatte er das ganze Haus mit eigenen Händen gebaut. Er hatte einfach ein Talent für handwerkliche Dinge, das war allgemein bekannt.
Auch die Nachbarn fragten erst ihn, bevor sie einen Handwerker riefen. Meist konnte er den Schaden selbst beheben, und zum Dank bekam er dann häufig einen Kuchen oder wurde zum Essen eingeladen. Den Kösters am Ende der Straße hatte er sogar geholfen, eine Garage zu bauen. Es hatte sich sogar so etwas wie eine Freundschaft mit ihnen entwickelt, wobei Freundschaft ein großes Wort war. Eigentlich war es mehr eine Bekanntschaft.
Er verstand sich gut mit Michael, und trank manchmal abends ein Bier mit ihm. Auch Andrea war eine recht nette Frau, wenn er auch nicht verstand, was Michael dazu gebracht hatte, sie zu heiraten. Am Aussehen konnte es jedenfalls nicht gelegen haben. Und ihre Kinder waren, nun ja, wie Kinder eben waren.
Wenn er sich beeilte, sollte er in einer Stunde fertig sein. Vielleicht würde er nach dem Essen noch auf ein Bier bei Michael vorbei gehen. Schaden konnte es zumindest nicht. Doch zuerst wartete noch Arbeit auf ihn.
Er nahm den Spachtel wieder in die Hand. Es war erstaunlich. Die neue Wand würde sich in den Raum einfügen, als wäre sie schon immer da gewesen. Man konnte schon jetzt kaum einen Unterschied sehen. So sollte es sein.
Er setzte einen weiteren Stein. Es würde perfekt sein.
Und nächstes Wochenende dann grillen bei Kösters. Aber diesmal etwas ruhiger als beim letzten mal. Peter hatte nichts gegen Kinder. Aber Patrizia, die fünfzehnjährige Tochter der Kösters, war mitten in der Pubertät, und einfach unerträglich. Christoph war erst acht, und nervte ihn häufig, wenn er nachmittags draußen im Garten arbeitete, oder etwas bei den Kösters reparierte. Abends war er allerdings immer müde und dementsprechend ruhig, also sollte der Freitag wirklich entspannt werden.
Vielleicht würde er Steaks marinieren und als Gastgeschenk mitbringen.
Die Wand näherte sich ihrer Fertigstellung. In wenigen Tagen würde niemand mehr erkennen können, wie der Raum vorher ausgesehen hatte. Die Abstellkammer hatte sowieso keinen Sinn gehabt.
Sie hatte ihn einen hässlichen alten Mann genannt. Wie sie mit ihren Eltern redete, war ihm egal, aber er musste sich nicht alles gefallen lassen.
Er fügte den letzten Stein ein.
Sie hatte gesagt, er sei wohl schon seit zwanzig Jahren von keiner Frau mehr angefasst worden. Oder... hatte sie? Auf jeden Fall hatte sie es provoziert!
Jetzt noch das Werkzeug zurück in die Regale, den Mörtel später in die Garage. Dann noch durchfegen, und der Keller würde so aussehen wie vorher.
Es war noch schneller gegangen, als er gedacht hatte.
Er hoffte, die Kösters würden das Grillen am Wochenende nicht absagen. Auf ein Bier würde Michael später sicher noch Lust haben, oder vielleicht eher auf einen Schnaps.
Kinder waren in dem Alter nun einmal so, das sagte er selbst immer. Und damit würde Andreas Sorge überspielt werden. Zumindest fürs erste. Und das reichte ja.